Zweiter Plot:
Supermarktkasse. Einkauf für Muttern. 10 Kilo feinster Dallmayr Prodomo im Einkaufswagen. Ja ja, gibt auch andere gute Sorten ... Ein alter Mann vor mir, ein alter Mann hinter mir. Ich erwarte nichts Gutes. Zumal ich "Zweite Kasse bitte!" gerufen hatte und nur knapp hinter Pole-Position hier stand. Gibt ja alte Menschen, die mit Gehstöcken vor deiner Nase rumfuchteln und dir Böses in Aussicht stellen. Auch wenn meine Ausstrahlung auf fremde Menschen eher die Variante "Pläuschchen? Why not", als "Verpiss' dich, Wichser!" ist. Rentner inklusive.
Der
alte Herr vor mir sehr nett und interessiert an meinem Einkauf.
Sonderangebot? Sein Gesicht vor meinem. Gaaaaanz nah. Ach so? Heute? Ja
ja, Kaffee? Lecker lecker. Der Senior hinter mir ebenso. Nett. Nicht nah. Ach witzig, ich
kaufe immer für meine Schwester mit ein. Grins. Sehr breites Grinsen.
Man kommt schnell ins Gespräch über den feilgebotenen Kaffee und seine
Gaumenfreuden. Vergleiche fliegen hin und her. Hier das Team Kaffee Hag,
dort die Mannschaft Dallmayr. Team Hag fährt immer nach Holland und
kauft dort günstig ein. Aber sagen Sie mal, mit der App gibt's Prozente?
Das muss ich mir mal angucken. Hm, ja ja, ist ja alles so teuer
geworden. Aber ein guter Kaffee geht immer. Dann mal alles Gute für die
Mutter. Das Wetter ist ja so herrlich heute.
Jedenfalls.
Während wir hier so gemütlich beieinander stehen, laufen vor meinem
inneren Auge die alten Filme ab: Mitten am Kaffeetisch von Oma Änne,
neben mir Onkel Martin, der gerade für Tante Gerda eingekauft hat
und sich über ein Stück Kuchen freut. Alle lachen, schwätzen
miteinander, der frisch aufgebrühte Kaffee duftet, Tante Marianne's
Kuchen ist noch warm. Es werden Geschichten erzählt vom Büdchen um die
Ecke, vom verrückten Fräulein Merzig, vom viel zu kalten Frühling und
von Zeiten, in denen Butter noch Luxusgut war und die Kaffeekanne vor
dem Befüllen mit heißem Wasser ausgeschwenkt wurde. Dann blieb er länger heiß. Die Sonne scheint durch's Wohnzimmerfenster.